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Mein freiwilliger Sozialdienst in Israel

| Anna Barckhausen | Soziale Verantwortung

Anna auf dem Dach der ErlöserkircheIch bin hier in Jerusalem als Freiwillige bei Shekel tätig, einer regierungsunabhängigen Organisation (NGO) aus Israel. Shekel ist eine Einrichtung für behinderte Menschen, deren Konzept es ist den Behinderten möglichst viel Verantwortung zu übertragen, damit sie das Gefühl haben in der Gesellschaft gebraucht zu werden. Diesem Konzept folgend leben die Behinderten häufig zu fünft in Apartments zusammen, die über ganz Jerusalem verstreut liegen.

Von dort aus werden sie morgens, abhängig vom Grad der Behinderung, zu diversen Arbeitsstellen gebracht, an denen sie typische Behindertenarbeiten verrichten. Dazu gehören zum Beispiel Kerzen zu gießen, Spardosen von Hello Kitty zu bekleben und einzutüten, Metallclips in Boxen zu stecken und diese in Zehner-Stapeln zu ordnen.

Einige der Arbeiten werden in einem kleinen Laden verkauft, den die Organisation betreibt. Diejenigen, die nicht fit genug sind für diese Arbeiten, verbringen den Tag in einer Schule, in der sie beschäftigt werden, damit sie nicht den ganzen Tag nur in ihrer Wohnung vertrödeln.

Die Aufgabe der meisten Freiwilligen ist es die Behinderten zu betreuen, während sie in ihren Apartments sind. Morgens müssen sie gefüttert und abhohlfertig gemacht werden, nachmittags wird mit ihnen spazieren gegangen und abends werden sie geduscht und ins Bett gebracht. Auch während der Nacht muss immer ein Betreuer in den Apartments sein.

Es gibt viele deutsche Freiwillige vor Ort

Im Moment sind hier von 13 Freiwilligen zwölf Deutsche und auch sonst stößt man in Israel auf sehr viele deutsche Freiwillige. Den Freiwilligen wird während der Schichten immer ein "Worker" zur Seite gestellt. Das sind bezahlte Mitarbeiter, die die Volontäre unterstützen.

Der Schichtplan ist zwar meistens nicht so angenehm, besonders im Hinblick auf die Nachtschichten. Es wird jedoch in der Regel darauf geachtet, dass man seine üblichen vier Schichten pro Woche in einem Block hat, damit man im Anschluss mehrere Tage am Stück Zeit hat um auf Reisen zu gehen. Das wird auch sehr ausgiebig genutzt.

Israel ist so ein kleines Land, dass man jeden Ort innerhalb von ein paar Stunden mit dem Bus oder getrampt erreichen kann. Nach Bethlehem im Westjordanland können wir von unserer Wohnung in Jerusalem sogar zu Fuß gehen. In den meisten sehenswerten Städten gibt es zudem in der Regel auch irgendwelche Volontäre, bei denen man übernachten kann.

Doch nicht nur zum Reisen sind Busse beliebt, sondern auch um sich in Jerusalem fortzubewegen, benutzen wir fast ausschließlich die öffentlichen Verkehrsmittel. Immer wieder trifft man an den Haltestellen auf bewaffnetes Militär, das heißt jedoch nicht gleich, dass sie dort als Patrouille stehen, denn oft läuft das Militär auch wenn es nicht im Dienst ist mit seiner Waffe herum, was ein etwas gewöhnungsbedürftiger Anblick ist.

Israel beeindruckt mit kultureller Vielfalt

Eine Besonderheit jedoch, die man beim Benutzen der Öffis beachten muss, ist die, dass man sich nicht neben orthodoxe Juden des anderen Geschlechts setzen darf, da man diese sonst dazu zwänge sich umzusetzen. Orthodoxe Juden trifft man eigentlich fast überall in der Stadt und es ist äußerst amüsant, sich die Männer bei Regen anzusehen. Einige haben für ihre Hüte einem extra Regenschutz, der an sich schon lustig aussieht. Noch besser sehen aber diejenigen aus, die keinen Regenschutz haben und sich stattdessen eine einfache Plastiktüte über den Hut ziehen.

Die Organisation Shekel bietet allen Volontären regelmäßigen Unterricht in der hebräischen Sprache an und nach vier Monaten Aufenthalt reichen die Sprachkenntnisse bei mir inzwischen zum Lesen aller wichtigen Schilder (auch wenn sie meist zusätzlich auf Englisch beschriftet sind) und für eine einfache Verständigung im Alltag. Bei meiner Arbeit wird überwiegend Englisch gesprochen und man kommt mit Englisch auch fast überall in Israel gut zurecht.

Meine freien Tage verbringe ich so oft wie möglich mit Reisen durch das Land, meistens zusammen mit anderen Volontären. Außerdem singe ich im Chor der Erlöserkirche der deutschen evangelischen Gemeinde in Jerusalem und spiele Cello im Orchester der Hebräischen Universität in Jerusalem. Das bringt mich in Kontakt zu jungen Israelis außerhalb der Welt von Shekel und es ist ein weiterer Zugang zum reichhaltigen kulturellen Leben der Stadt.